Kinderlosigkeit als Entschuldigung für ordentliche Arbeit?!
Ich habe letzte Woche einen Kommentar gehört, der mir nicht aus dem Kopf geht.
In einer Onlineveranstaltung für Unternehmer und Selbständige, (in der es explizit um die sinnvolle Nutzung von Sozialen Medien für die Arbeit ging) wurde im Zusammenhang mit Arbeitsorganisation und Zeitmanagement gefragt „Wer schafft es, regelmäßig zwei Social Media-Kanäle für die Arbeit zu nutzen“?
Verschiedene Teilnehmende nickten mehr oder weniger überzeugt, andere schüttelten den Kopf, eine Teilnehmerin ergriff direkt das Wort „Ich schaffe das!“
– und schob gleich hinterher „Ich entschuldige das immer damit, daß ich keine Kinder habe“.
Wie kommt jemand auf die Idee, sich dafür entschuldigen zu müssen, dass er seine Arbeit macht?
Nun könnte man kurzgesprungen sagen: „Na, die hat wohl ein Problem damit, dass sie keine Kinder hat!“
Das glaube ich aber nicht. Es könnte zwar ein Teil davon sein – und wenn das so ist, dann hat sie gelernt, dass Kinder – oder eben nicht Kinder – eine von der Gesellschaft akzeptierte „Entschuldigung“ sind, anhand derer sie ihr möglicherweise angekratztes Selbstwertgefühl vertuschen kann. Das Thema Selbstwert würde bei ihr liegen. Ich hatte aber eher das Gefühl, daß da verschiedene Dinge, die sich regelmäßig in verschiedenen Situationen beobachten lassen und von der Gesellschaft – man könnte fast sagen – „gefördert“ werden, zusammenkommen. Auf diese möchte ich heute eingehen.
Frauen stellen ihr Licht gerne mal unter den Scheffel
Es ist nicht wirklich neu, es ändert sich nur langsam, es ist immer wieder zu erleben: Es gibt Frauen, die fantastische Arbeit leisten, die jedoch zusammenzucken, wenn sie als „Expertin“ bezeichnet werden. Ich kenne eine Frau, die das 10jährige Bestehen ihrer Praxis nicht feierte weil sie „doch nur meine Arbeit“ mache. Und es liessen sich viele weitere Beispiele aufzählen.
Die Entschuldigung impliziert, daß der Erfolg der Dame ja wohl kaum damit zu tun haben könne, dass sie eben weiss, was für ihr Geschäft gut ist, dass dazu auch die Arbeit mit den sozialen Medien gehört und sie ihre Aufgaben eben auch erledigt.
Es ist, als müsse sie ihr Tun rechtfertigen. In Hinblick auf die Arbeit mit den sozialen Medien ist der Gedanke an den den damit verbundenen Zeitaufwand eventuell naheliegend. Um die Zeit, die Kinderlosen zur Verfügung steht, rankt sich schließlich auch ein Mythos:
Kinderlose haben mehr Zeit!
Oder? Sonst könnte eine kinderlose Unternehmerin doch wohl kaum soziale Medien pflegen…
Tatsächlich hat die erfolgreiche Arbeit der Dame NICHTS mit Kindern oder nicht Kindern zu tun. Schließlich gibt es haufenweise Menschen mit und ohne Kindern, die ihre Arbeit ordentlich machen, egal, ob selbständig oder angestellt: für den einen beinhaltet das die Pflege von sozialen Medien, für den anderen eventuell die Vorbereitung eines Brötchenteiges.
Kann sich irgendjemand vorstellen, daß im Bäckerseminar gefragt wird „Wer von Euch schafft es Brot, Brötchen UND Torten anzubieten?“ Und ein Inhaber erklärt sein „Ich schaffe das“ damit, dass er keine Kinder hat?! Vermutlich wird doch eher vorausgesetzt, daß das das Angebot ist, das man in einer Bäckerei findet – egal, wann die Arbeit, die das erfordert, gemacht wird und auch egal, ob der Bäcker Kinder hat oder nicht.
Wie gesagt: im anlassgebenden Seminar letzte Woche ging es schließlich um Unternehmer, deren Arbeit (in jeder Hinsicht) zu großen Teilen online stattfindet. Nun gibt es keine allgemeingültigen Regeln, was zum Führen eines Online-Business gehört, das kann jeder Unternehmer für sich selber entscheiden. Im Falle der zitierten Dame gehören offensichtlich zwei Social-Media-Kanäle dazu, also pflegt sie die auch! Und wenn sie das dann tut, dann muss weder dafür, noch für ihren Erfolg um Entschuldigung bitten, egal, ob sie Kinder hat oder nicht!
Lange Rede kurz: Ich bin der festen Überzeugung, daß es nicht abhängig von dem Vorhandensein von Kindern oder wie auch immer begründeter Kinderlosigkeit ist, ob man seine Arbeit erledigt und – im besten Fall – so erfolgreich ist, wie man das gerne sein möchte. Ich glaube, dass es eine Vielzahl an Einflussfaktoren gibt, die da deutlich mehr drauf einzahlen!
Was denkt Ihr darüber?
Herzliche Grüße,
Mira